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langen Fangarmen und den großen und scharfen Scheren gierig auf Beute. Fiete grinste frech. Die Abkürzung, die er genommen hatte, war fast so gefährlich wie der Besuch bei den Haien selbst. Falls das ein Zufall war, war es etwas zu viel zufälliger Zufall für Finn, dessen Rückenflosse nervös zu zucken begann. Am liebsten wäre er sofort und so schnell es ihm jetzt möglich war, von hier weggeschwommen. Doch Fiete liebte die Gefahr. Er war ein Abenteuerfisch. Meistens war das ja spannend, aber manchmal… Finn merkte, dass jetzt auch seine Bauchflosse leicht zu zucken begann. Die Haie waren schon gruselig genug – und jetzt auch noch die Riesenkrabben. Aber er beschloss, nichts zu sagen. Sonst hielt ihn Fiete am Ende noch für einen Feigling, und das war er ja nicht. Doch Finn hatte große Mühe, all seine Flossen ruhig zu halten, um seine Angst nicht zu zeigen. Als sie im dichten Seegras an einer Stelle angelangt waren, an der unter ihnen einige der größten und furchterregendsten Riesenmonsterkrabben nacheinander aufgereiht auf Beute warteten, ließ Fiete seine Flossen ruhen – aber nur kurz.

„So, und jetzt pass gut auf, mein Freund“, flüsterte er und schwamm ohne Vorwarnung los.

Finn war so überrascht, dass er kurz zu kiemen vergaß. Er wusste, dass Fiete schon immer ein Draufgänger gewesen war. Aber das hier war unglaublich. Was folgte, raubte Finn den Sauerstoff ganz. Sein Freund schwamm geradewegs auf die erste Krabbe zu, die ihn mit ihren scharfen Augen genau beobachtete und ihre Schere schon ausgefahren hatte, um ihn sich zu schnappen. Doch jedes Mal, wenn Finn seinen Freund schon in der Klaue eines der Monster wähnte, war der schon längst weitergeschwommen, um die nächste gefährliche Mutprobe anzugehen und bravourös zu meistern. Ja, Fiete vollzog regelrecht einen Slalom mitten durch die größten und schärfsten Riesenkrabbenscheren, die Finn sich in seinen

schlimmsten Albträumen vorstellen konnte. Dabei schwamm Fiete jedes Mal betont langsam und unbekümmert zur Krabbe hin – ganz so, als würde er die große Gefahr nicht erkennen – und verschwand dann blitzartig und im erst wirklich allerallerletzten Moment.

Einige der Riesenkrabben waren sichtlich wütend auf seinen Freund und versuchten, mit ihren langen Armen nachzufassen, um ihn sich doch noch zu schnappen. Aber da war Fiete schon längst weiter, um die nächste Krabbe vorzuführen. Noch nie hatte Finn einen Fisch gesehen, der so unfassbar flink war wie sein Freund. Er hatte die allerschnellsten Flossen überhaupt. Jeder andere Fisch wäre längst in einer der Scheren und schließlich im Maul einer der Krabben gelandet. Aber nicht Fiete, der nach seiner glänzend bestandenen Mutprobe unbekümmert zu Finn zurückkehrte.

„Die Kunst ist es, die allererste Welle zu spüren. Sobald die Krabbe ihre Schere auch nur ein bisschen bewegt, weiß ich, was läuft, und habe die Flossen schon längst bereit. Ich muss nicht einmal hingucken“, erklärte er ganz nebenbei, während er genüsslich in eine der Pflanzen biss, die in der Nähe der Stelle wuchs, an der Finn ihn mit offenem Mäulchen gebannt beobachtet hatte.

„Die Schnelligkeit der Welle. Das ist das Geheimnis“, mümmelte Fiete unbekümmert und mit vollem Maul.

Finn bewunderte seinen Freund. Wenn der so weitermachte und fleißig trainierte, konnte ihm bei der großen Meisterschaft der Schulen niemand Platz 1 streitig machen. Soviel stand fest. Und wenn Fiete erst einmal groß war, konnte er vielleicht sogar bei der großen Ozean-Meisterschaft mitmachen. Die Flossen dazu hatte er. Nachdem der Meisterschwimmer sich an der Pflanze gestärkt hatte, machten sie sich auf den Weg zu den Haien. Viele Wellen später, gerade als Finn fragen wollte, wie weit es denn noch sei, sah er ihn. Eigentlich hatte er einfach unbekümmert weiterschwimmen wollen, so als sei es das Normalste, sich in ein Hai-Revier zu wagen.

Doch ganz plötzlich versagten seine Flossen ein paar Wellen lang ihren Dienst. Da es zwischen den hohen Algen zu dunkel war, konnte Finn dem Raubtier nicht ins Gesicht blicken. Aber das große Licht, das von oben herab leuchtete, zeichnete die Silhouette, die sich majestätisch und bedrohlich zugleich durch das Wasser bewegte: das mächtige Maul, die riesengroßen, dreieckigen Zähne, von denen jeder einzelne so groß war wie Finn selbst, der schlanke und doch wuchtige Körper und die kräftige, elegante, zugespitzte Schwanzflosse. Finn schauderte. Er hoffte inständig, der Hai möge ihn nicht bemerkt haben. Und auch seinen Freund nicht, den er nervös anblickte.

Doch Fiete schien keineswegs beeindruckt. Im Gegenteil. Er drehte sich kurz zu Finn um, grinste ihn schelmisch an und schwamm dann geradewegs zum Hai hin. Erst jetzt verstand Finn, warum sein Freund die Nummer bei den Riesenkrabben abgezogen hatte. Die Abkürzung bei den Riesenkrabben war kein Zufall gewesen, sondern nur das Training für eine noch viel gefährlichere Show, die er ihm hier vorführen wollte. Finn war der Ohnmacht nah. Um nicht zu Boden zu sinken, biss er sich an der Alge vor ihm fest, seine Augen weit aufgerissen, um nichts zu verpassen. Fiete schien völlig verrückt geworden zu sein. Jeder im Ozean wusste, dass die Haie zu den allerallerbesten Schwimmern gehörten. Sie waren blitzschnell und dabei auch noch äußerst wendig. Doch Fiete war gut. Sehr gut sogar. Finn konnte kaum glauben, was sich vor seinen Augen abspielte. Gebannt beobachtete er den Slalom, den sein Freund scheinbar mühelos zwischen all den Haien vollzog. Wie schon bei den Riesenkrabben, setzte Fiete sich immer wieder der größtmöglichen Gefahr aus: Zuerst schwamm er geradewegs auf einen Hai zu und gerade als dieser zuschnappen wollte, entschwand er blitzartig und erst im wirklich allerallerletzten Moment. Einmal hatten es sogar zwei Haie zugleich auf Fiete abgesehen, der aber gleich beide versetzte. Was für ein Meisterstück!

Triumphierend schwamm Fiete zwischen ihnen hindurch, während die Raubtiere schmerzhaft mit ihren Schnauzen aufeinanderprallten und sich dafür gegenseitig so wild anfletschten, dass Finn glaubte, seine Schuppen würden gleich ganz von ihm abfallen. So fühlte es sich für ihn jedenfalls an. Nachdem Fiete auch die letzten beiden Haie ratlos hinter sich gelassen hatte, machte er sich, zufrieden mit sich und dem Meer, auf den Weg zurück zu seinem Freund. Die Genugtuung stand ihm in die Flossen geschrieben. Fiete schwamm nicht, nein, er tänzelte. Und dann passierte es.

Einer der vielen Haie hatte sich die Show des frechen Riesenmaulfisches belustigt aus einiger Entfernung angesehen, sich aber bewusst nicht eingemischt. Stattdessen war er an den Rand des Algenwaldes geschwommen und hatte alles aus seinem Versteck heraus beobachtet. Schnell hatte der Hai die Lage überblickt. Der Riesenmaulfisch hatte die Mutprobe gewagt, um seinen Freund, der sich wie er in der Dunkelheit der dichten Algen versteckt hielt, zu beeindrucken. Jetzt wollte er beiden, vor allem aber dem Frechling, eine letzte Lektion erteilen.

Gerade als Fiete glaubte, die Gefahr sei vorbei und er sorglos, leichtsinnig und unaufmerksam am Rand des Algenwaldes vorbeischwamm, schnellte der Hai mit weit aufgerissenem Maul und seinen vielen messerscharfen Zähnen aus seinem Versteck hervor und schnappte gierig nach der kleinen Beute. Aber flink wie Fiete nun einmal war, reagierte er blitzschnell: Als er von hinten eine Welle spürte, schwamm er sofort los. Wer oder was hinter ihm her war, wusste er nicht. Aber – Gefahr war im Anmarsch. Soviel stand fest. Doch auch der Hai war nicht von gestern. Gerade in dem Moment, als der freche Frechling sogar auch ihm noch zu entwischen drohte, setzte der Raubfisch mit einem kräftigen Flossenschub noch einmal nach und erwischte Fiete gerade noch an der Schwanzflosse. Der Hai war zwar nicht ganz zufrieden mit sich selbst, aber immerhin, so dachte er sich, er hatte ihn. Allen anderen Haien in seinem Schwarm hatte das kleine Ding, das jetzt an einem

© 2025 R. Underwood. Alle Rechte vorbehalten

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