
Der Felsen da vorne links war rot und rund, den konnte er sich schon mal merken. Unter ihm wuchs gelbes Seegras, und die großen, langen Blaualgen vorne rechts wuchsen auch nur hier. Von seiner Höhle aus hatte er sonst nie welche gesehen. Nach so einigen Wellen spürte Finn an seinen Flossen, dass die mächtige Kraft des Wassers langsam schwächer wurde und seine Flossen ihr jetzt etwas entgegensetzen konnten. Er schwamm etwas zur Seite, blieb stehen, blickte sich um – und staunte. Es war schön hier, ganz anders als vor seiner Höhle, und vor allem viel heller. Das wunderbare Licht schien von oben in warmen Farben auf ihn herab. Langsam schwamm Finn im Kreis und überlegte, was er jetzt tun sollte. Wenn er seine Augen fest zusammenkniff, konnte er seine Höhle weit dahinten gerade noch so irgendwie erahnen. Mit einem Mal kam ihm eine mutige Idee. Bevor Mama und Papa mit Futter wieder zu Hause waren, würden gar einige Wellen kommen und gehen. Er blickte sich um. Solange er hier ein bisschen herumschwamm, konnte er jederzeit wieder zur Höhle zurück. Seine Eltern würden nie davon erfahren, dass er so weit weg von zu Hause gewesen war. Er konnte sich ja einfach ein klein wenig hier umschauen und dann wieder zurückschwimmen. So, als ob gar nichts passiert wäre. Niemand würde je davon etwas ahnen. Er überlegte nicht lange – das klang wie ein Plan. Ein Plan, der sich umsetzen ließ, vor allem für ein cleveres Kerlchen wie er es war. Was sollte schon groß passieren? Gesagt! Getan! Finn drehte sich um und schwamm auf einen kleinen Algenwald zu, der einen wirklich leckeren Duft verströmte. Er hatte zwar nicht wirklich Hunger, aber gegen eine kleine Leckerei hatte er nichts. Zuerst einen kleinen Snack und dann hinauf zum wunderbaren Licht der Sonne – genau so wollte er es machen! Als er vor den Algen schwamm, nahm er ihr herrliches Aroma noch viel deutlicher wahr. Das hier war ein Leckerbissen, so viel stand fest.
Finn suchte sich die schönste unter den schönen Algen aus und biss herzhaft ein Stück heraus. Der Geschmack hielt, was der Duft versprochen hatte. Diese Algen hier schmeckten ganz vorzüglich; sie waren viel würziger als die süßen Algen, und von denen konnte er schon nie genug bekommen. Nachdem er sich an der Köstlichkeit sattgegessen hatte, machte er sich mit seinem gut gefüllten kleinen, dicken Bäuchlein langsam, gemächlich und ganz ohne Eile auf zum wunderbaren Licht, das von oben so verführerisch und verheißungsvoll auf ihn herabstrahlte. Doch schon nach einigen Flossenschlägen merkte er, dass es in seinem Bauch seltsam rumorte. Es fühlte sich nicht gut an. Und dieses Gefühl breitete sich, je länger er schwamm, langsam, aber sicher, auf seinen ganzen kleinen Körper und auf seine Flossen aus. Dann wurde ihm schlecht. Und zwar so richtig schlecht. Ein paar Wellen lang hielt er an und schwamm auf der Stelle. Was sollte er jetzt ohne Mamas Meduzin machen? Er überlegte, wusste aber keinen Rat. Doch bevor er weiter über seine missliche Lage nachdenken konnte, war er mit einem Mal nicht mehr allein. Plötzlich war er mittendrin und umgeben von – er zählte, so schnell er nur konnte – mehr als vier anderen Fischen. Finn war verwirrt. Was war hier eigentlich los? Was wollten die alle von ihm? Eine solche Horde unverfrorener und schlecht erzogener Fische auf einem Haufen – das hatte er ja noch gar nicht erlebt. Sie rempelten ihn einfach so an. Von hinten, von vorne, von links und von rechts, und von oben und von unten. Eine Frechheit war das! Und zwar eine ganz, ganz große! Empört versuchte er, von dieser verzogenen Bande fortzuschwimmen – aber es ging nicht, so sehr er es auch versuchte. Eine übermächtige Kraft, die von irgendwoher kam, trieb ihn und all die anderen Fische, von denen er viele noch nie gesehen hatte, weg von den Bauchweh-Algen. Aber nicht nach oben zum großen Licht, wo er eigentlich immer noch hinwollte, sondern irgendwohin zur Seite. Sehen konnte er in dem ganzen Gewimmel, Getümmel und Gerumpel nicht viel.