leckersten Süßalgen viele große, herrlich glänzende Perlen wuchsen, von denen er sich die schönste heraussuchen konnte, um sie dann zu pflücken und für das nächste Perlenballspiel zu behalten. Doch als sie vor Ort waren, sah alles ganz anders aus. Und zwar ziemlich anders. Das Wasser dort war trüb. Finn war enttäuscht. Der Perlenwald war ein dunkler Ort, an dem allerlei Pflanzen dicht an dicht wuchsen, von denen er die meisten gar nicht kannte! Lecker sahen sie jedenfalls nicht aus. Aber vor allem: Nirgendwo sah er Perlen. Fiete schien das anders zu sehen. Wenige Wellenlängen vor den braunen Pflanzen, inmitten der undurchsichtigen Brühe, blieb er stehen und blickte seinen Freund so begeistert an, als hätte er soeben die schönste und glänzendste aller Perlen aller Zeiten des gesamten Ozeans entdeckt.
„Mein lieber Freund, ich präsentiere dir hiermit – den Perlenwald!“, verkündete er triumpierend.
Fiete strahlte, als schwämme er vor dem großartigsten und leckersten Süßalgenwald, der jemals im großen weiten Meer gefunden worden war.
„Aha“, antwortete Finn.
Er war etwas weniger begeistert. Sozusagen. Aber davon ließ sich Fiete überhaupt nicht beeindrucken. Im Gegenteil, er schien kaum zu bremsen zu sein.
„Fantastisch, oder?“ Aufgeregt schwamm er hin und her und her und hin und rauf und runter und runter und rauf, während Finns Flossen eher unentschlossen im trüben Wasser herumpantschten.
„Tja. Also. Na ja. – Wenn du meinst…“
Aber Fiete war da schon längst mitten in den Algen. Finns Worte hatte er gar nicht mehr gehört. Da Finn nicht recht wusste, was er hier jetzt eigentlich machen sollte, beschloss er, Fiete einfach hinterher zu schwimmen.
„Wo sind sie denn jetzt, die Perlen?“, wollte er von seinem Freund wissen.
„Na, die musst du hier am Boden suchen“, antwortete Fiete, dessen Stimme aus einer kleinen Schlammwolke einige Flossenlängen unter Finn kam.
Er war neugierig geworden, schwamm hinunter und beobachtete seinen Freund, was im undurchsichtigen Wasser nicht so einfach war. Fiete hielt seine Kiemen fest verschlossen und wirbelte mit seiner Schnauze immer wieder den Sand hoch, wohl um eine Perle zu finden, wie Finn vermutete. Nach mehr als vier Flossenschlägen – Finn hatte ganz genau mitgezählt – schwamm Fiete zurück ins saubere Wasser und öffnete seine Kiemen, um dann die Suche gleich wieder fortzusetzen. Als Finn schließlich wusste, was er zu tun hatte, suchte er sich einen Platz so weit von Fiete entfernt, dass er ihn zwar nicht mehr sehen, ihn aber noch hören konnte. Dann machte er sich an die Arbeit.
Doch je länger er im Schlamm herumwühlte, ohne irgendetwas zu finden, desto weniger Spaß machte ihm die ganze Sache. Das hier war kein Perlenwald, das war eher ein Perlenversteck. Gerade als Finn dabei war, seinen Freund zu fragen, wie lange er denn noch hierbleiben wolle, hörte er ein triumphierendes „Ja!“ und ein glückliches Lachen. Fietes Lachen war einzigartig und ansteckend. Finn grinste. Da er neugierig war, schwamm er aus dem Algendickicht heraus und blickte sich um – aber Fiete war nirgendwo zu sehen. Finn blickte nach links und nach rechts, nach oben und nach unten, aber von seinem Freund keine Spur. Ihm war bereits etwas mulmig zumute, als plötzlich etwas aus den Algen hinter ihm hervorschoss und blitzschnell auf ihn zu schwamm. Finn zuckte erschrocken zusammen und seine Flossen erstarrten – als er das fröhliche Lachen seines Freundes hörte, der jetzt wieder neben ihm schwamm.
„Mann, du hast dich aber erschrocken! Du hättest deine Flossen sehen sollen. Die waren ja starr wie Steine“, grinste ihn Fiete an.
Einen gemächlichen Flossenschlag lang war Finn echt sauer auf seinen Freund, aber dann lachte er mit. Er hatte sich ja tatsächlich ganz schön erschrocken.
Man wusste ja nie, wer oder was hier alles so rumschwamm. Diesen Flecken des Meeres kannte er noch nicht, obwohl sie gar nicht weit von zuhause weg waren.
„Hast du schon etwas gefunden?“, wollte Fiete wissen.
„Nö. Und du?“, fragte Finn.
„Allerdings.“
Was Fiete aus seinem Maul holte und ihm stolz präsentierte, war ein wahres Prachtexemplar einer Perle. Finn staunte. Sie war größer als alle anderen Perlen, die er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Vor allem aber war sie absolut makellos. Sie glänzte und leuchtete in den verschiedensten Farben. Sie hatte etwas Magisches an sich – sogar an diesem dunklen Ort. Eine Perle unter den Perlen. Vielleicht hatte Fiete ja recht, und das hier war wirklich der richtige Ort, um so ein Prachtexemplar auch für sich zu finden. Aber das war gar nicht mehr nötig.
„Gefällt sie dir?“, wollte Fiete wissen.
„Machst du Witze? Die Perle ist... – das ist die schönste Perle, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Eine Superperle!“
„Gut“, antwortete Fiete, „denn jetzt gehört sie dir.“
Finn war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte.
„Du willst mir diese Megaperle schenken?“, fragte er vorsichtshalber, denn er konnte es nicht glauben.
Vielleicht machte Fiete ja nur Spaß.
„Genauso isses!“, antwortete Fiete.
Finn hielt sich für ein gut erzogenes Glücksfischchen, und ihm war sofort klar, dass er ein solch großzügiges Geschenk nicht akzeptieren konnte.
„Das ist zu viel. Das kann ich nicht annehmen.“
„Klar kannst du. Ich finde nämlich eine noch schönere für mich“, meinte Fiete, der sogleich in den Algen verschwand, um sofort danach zu suchen.
Finn nahm die Perle, die langsam vor ihm nach unten in Richtung Meeresboden trieb, in sein kleines Mäulchen und schwamm in den Perlenwald zurück. Er wollte etwas ganz Großartiges für seinen besten Freund finden. Etwas, womit er sich bedanken und ihn überraschen konnte. Die Gelegenheit dafür sollte er schon sehr bald bekommen.
*
Viele Wellen später war Finn immer noch auf der Suche – dabei gab er sich doch die allergrößte Mühe. Rastlos wühlte er immer und immer wieder mit seinem kleinen Mäulchen im tiefen Boden herum. Er grub, er pustete, er wedelte den Sand mit den Flossen weg, er mühte sich ab. Aber bis auf leere Muscheln und ein paar verlassene Schneckenhäuser war da nichts. Irgendwann merkte er, dass er hungrig war. Die Perlensuche war kein Spaß, sondern eine anstrengende Arbeit, und er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.
Finn blickte sich um, konnte aber im trüben Wasser nicht erkennen, ob die Algen und Gräser, zwischen denen er schwamm, essbar waren oder ob er sich von ihnen fernhalten musste. So etwas lernte man eigentlich in der Schule, aber Mama und Papa hatten ihm schon einiges beigebracht. Trotzdem war er sich nicht sicher. Es war besser, wenn er Fiete fragte. Der ging schon in die Schule und kannte sich bei solchen Sachen aus. Auch wenn er bei Pflanzenkunde immer wieder mal den Unterricht schwänzte. Aber das war ein kleines Geheimnis zwischen ihnen beiden. Finn suchte seinen Freund, der schon oft hier gewesen war und die besten Plätze kannte.
Der Perlenwald war groß, größer als Finn ihn sich vorgestellt hatte. Deshalb dauerte es, bis er Fiete fand, der am Rande einer Lichtung schwamm. Sein Freund machte wohl gerade eine kleine Pause. Da er zu weit von ihm entfernt war, um ihm etwas zuzurufen, hob Fiete zum Gruß und als Zeichen, dass er ihn gesehen hatte und gleich zu ihm schwimmen würde, seine linke Flosse leicht an. Finn hatte es nicht so eilig, und während er wartete, blickte er sich hungrig um. Vielleicht gab es ja hier den einen oder anderen Snack oder gar eine