Er wünschte sich, Fiete wäre hier bei ihm. Der konnte solche Sachen mit der unschuldigsten Miene erzählen. Schließlich beschloss er, dass es wohl besser war, mit der Sprache herauszukommen. Er kannte seine Mama. Sie würde so lange bohren, bis sie wusste, was er wieder einmal angestellt hatte.
„Das sind so bunte Dinger, die bei komischen Quallen herumschwammen. Fiete hat auch viele davon gefressen“, versuchte er sich herauszureden.
„Und deinem Freund geht es gut?“
Schuldbewusst schüttelte Finn seine Flossen.
„Was haben Papa und ich dir immer und immer wieder gesagt?“, rüffelte ihn Mama.
„Draußen nichts essen“, antwortete Finn, der sich ertappt fühlte.
Doch seine Mutter war mit seiner Antwort nicht zufrieden.
„Ich kann dich nicht hören! Was haben Papa und ich dir immer und immer wieder gesagt?“, wiederholte sie, diesmal mit lauterer Stimme, was nichts Gutes für ihn verhieß.
„Dass ich im Meer nichts Unbekanntes essen darf, weil ich nicht weiß, was es ist“, wiederholte Finn einen Satz, den er auswendig kannte, weil er ihn schon oft gesagt hatte.
Diesmal so, dass seine Mutter es deutlich hören konnte.
„Und was noch?“
„Weil ich nicht weiß, ob es gut für mich ist“, sagte Finn, der immer noch beschämt war. Wie lange wollte sie ihn denn noch bestrafen? Ja, sie hatte Recht. Seine Eltern hatten es ihm so oft gesagt, dass er es nicht mehr hören konnte. Trotzdem hatte er sich nicht daran gehalten. Jetzt sah er ein, dass es dumm von ihm gewesen war. Er hätte auf seine Eltern hören sollen. Aber jetzt brauchte er etwas gegen sein Bauchweh. Unglücklich blickte er seine Mama an.
„Kannst du mir bitte eine Arznei geben? Bitte. Mein Bauch tut so weh!“
Fanni ließ ihm einen strengen Blick zukommen, schwamm kurz fort und kam dann wieder.
„Iss das hier – dann werden wir sehen, was passiert.“
Finn wurde nur vom Anblick der Medizin sofort noch schlechter, als ihm ohnehin schon war. Er kannte das Zeug, das sie ihm gebracht hatte. Es schmeckte abscheulich. Ganz fürchterlich. Aber er wusste, dass es half. Schließlich schwamm er etwas näher an das Zeugs heran, drückte Kiemen und Augen fest zu und schluckte es schnell runter. Lange warten musste er nicht. Schon bald übergab er sich heftig. Als alles vorbei war und er sich schon etwas besser fühlte, blickte er die bunten Dinger, die er zusammen mit Fiete um die Wette gefressen hatte, erstaunt an. Er hatte sich früher schon mal übergeben müssen, und der Anblick der Brühe dabei war eklig gewesen. Aber die Dingsdas, die jetzt aus seinem wunden Bäuchlein wieder hervorgekommen waren, sahen so aus wie zuvor. Bunt. Und eigentlich irgendwie immer noch verlockend lecker. Aber er wusste jetzt, dass das kein Futter war.
„Algen sind das nicht, Fische aber auch nicht. Was ist es dann?“, fragte Finn seine Mutter neugierig.
„Das ist Müll, den die Menschen ins Meer werfen“, erklärte sie ihm, „und es ist ein ganz besonderer Müll. Er bleibt immer gleich. Er zerfällt nicht so wie unser Müll. Und es gibt immer mehr davon. Aber wir können nichts dagegen tun. Leider – denn viele von uns werden davon krank.“
„Aber warum werfen die Menschen denn das ins Meer?“, fragte Finn weiter.
„Niemand weiß es“, sagte Fanni, „zuerst, in der Zeit noch bevor du geboren wurdest, haben wir davon gehört, aber wir haben es nicht geglaubt. Aber bald schon schwamm das furchtbare Zeug auch bei uns überall im Wasser herum. Überall. Deshalb haben Papa und ich dir immer und immer wieder gesagt, dass du da draußen nichts essen sollst.“
